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Hätte oder habe – das ist hier die Frage

Lokalpolitiker Heino Schulz begann die Attacke gegen seinen Gegner Gustav Meyer, kurz nachdem dieser sein Wahlprogramm vorgestellt hatte. Schulz behauptete, Meyer habe gesagt, er wolle die Gelder für den Jugendklub streichen. Meyer gab daraufhin der Lokalzeitung ein Interview, in dem er sich über Schulzes Einlassung echauffierte. Er, Meyer, habe niemals die Finanzen für den Jugendklub beschneiden wollen, im Gegenteil: Den Heranwachsenden, den Familien und den Senioren widmeten seine Partei und er ihre volle Aufmerksamkeit. Heino Schulz habe das Wahlprogramm gar nicht gelesen, behauptete Meyer: „Hätte Schulz sich dafür Zeit genommen, würde er nicht solchen Unsinn reden.“ Die Redakteurin fragte Meyer, was er in der vergangenen Legislaturperiode anders gemacht hätte als Heino Schulz und seine regierende Partei. „Eine Menge“, antwortete Gustav Meyer. „Vor allem hätte ich den Wähler und seine Probleme ernst genommen.“ 

Habe oder hätte – was denn nun? Beides ist Konjunktiv, die so genannte Möglichkeitsform. „Habe“ ist Konjunktiv I, „hätte“ ist Konjunktiv II. Der Konjunktiv I wird in der indirekten Rede benutzt. Der Schreiber gibt die Äußerungen einer anderen Person wieder. Bisweilen klingt das hölzern. Die direkte Rede ist oft besser, da authentisch. Doch da nicht der gesamte Artikel aus einem Zitat bestehen kann, braucht der Journalist den Konjunktiv I bisweilen für die Aussage einer anderen Person. Er macht deutlich, dass er an dieser Stelle nicht seine eigene Ansicht oder die Ergebnisse seiner Recherche darlegt, sondern die Meinung oder die Behauptung eines Anderen. Aus dem Zitat: „Ich habe keine Steuern hinterzogen“, sagt die Unternehmerin Susanne Krüger – wird in der indirekten Rede: Die Unternehmerin Susanne Krüger sagt, sie habe keine Steuern hinterzogen. Schriebe der Journalist: Die Unternehmerin Susanne Krüger hat keine Steuern hinterzogen, so würde er ihre Aussage als wahr hinstellen. Das kann er natürlich machen, aber dann muss er die Behauptung beweisen können. Der Satz: Susanne Krüger sagt, dass sie keine Steuern hinterzogen habe – drückt mehr Distanz aus als: Susanne Krüger sagt, dass sie keine Steuern hinterzogen hat.

Der Konjunktiv II wird auch Irrealis genannt. Der Schreiber verdeutlicht, dass etwas nicht der Realität entspricht: „Wenn ich im Lotto gewänne, kaufte ich mir ein Haus“ oder „Wenn ich die Bundestagswahl gewinnen würde, wäre der Montag schulfrei.“ Es gibt noch andere Möglichkeiten der Anwendung, etwa in der Höflichkeitsfloskel: „Könnten Sie bitte das Fenster öffnen?“

In unserem Beispiel behauptet Gustav Meyer, dass Heino Schulz das Wahlprogramm von Meyers Partei nicht gelesen habe (Wiedergabe von Meyers Aussage in der indirekten Rede, also Konjunktiv I). „Hätte Schulz sich dafür Zeit genommen, würde er nicht solchen Unsinn reden“, sagte Meyer. (Dass Schulz sich dafür Zeit genommen hat, entspricht Meyers Ansicht nach nicht der Realität, also Konjunktiv II).

Ihre

Josefine Janert

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